Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 24 Nov 2011

Prälatin Marita Natt stellte sich den Fragen von medio-Redaktionsleiter Pfarrer Christian Fischer am 23.11.2011 in Hofgeismar.

Fischer: Frau Prälatin Natt, die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck will das Pfarrerdienstgesetz der EKD übernehmen. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Veränderungen zur jetzigen Regelung?
 
Prälatin Natt: Seit 2010 existiert das neue EKD-Pfarrerdienstrecht. Die Gliedkirchen hatten die Möglichkeit Ausführungsbestimmungen dazu zu schreiben. Für unsere Landeskirche haben wir einige formuliert, denen nun die Synode  zustimmen muss.

Zwei will ich benennen:

Befristung von Funktionspfarrstellen.

In enger Absprache mit dem Pfarrerausschuss, der jetzt den Namen Pfarrvertretung trägt, haben wir beschlossen, Funktionspfarrstellen auf sieben Jahre zu befristen. Die Pfarrstelleninhaberin, der Pfarrstelleninhaber haben die Möglichkeit, sich mit anderen Interessenten erneut auf diese Stelle zu bewerben. Diejenigen, die sich in bestimmten Bereichen fortgebildet haben, wie beispielsweise Klinikpfarrerinnen und -Pfarrer, haben die Chance mit in die Bewerbungsrunde einzutreten, die bisherigen können aber durchaus wieder gewählt werden und somit für weitere sieben Jahre in einer Einrichtung tätig sein. Eine Ausnahme bilden die Schulpfarrstellen.

Erhöhung des Dienstalters

Das Dienstalter wird von  65 auf 67 Jahre erhöht werden. Für die sogenannte 62iger Regelung bedeutet dies, dass auch dort eine entsprechende Erhöhung nötig wird.

Fischer: Und die Frage der Lebensführung im Pfarrhaus? Welche Regelungen sind hier vorgesehen?
 
Prälatin Natt: Das ist im Gesetz sehr unspektakulär, da verändert sich im Grunde gar nichts. Wenn sich Lebensverhältnisse ändern, also z.B. eine Scheidung ansteht, dann hat man das zu melden. Das war bisher so, das wird künftig so sein. Wenn andere gravierende Veränderungen eintreten, dann sollte man das seelsorgerische Gespräch suchen. Der Paragraph ist im Grunde genommen sehr allgemein gehalten ist. Allerdings entzünden sich natürlich an diesem Paragraphen auch noch andere Fragestellungen, z. B. für das Leben von Pfarrerinnen und Pfarrern, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben.

Fischer: An welche Regelung ist hier gedacht?
 
Prälatin Natt: Zurzeit sind betroffene Schwestern und Brüder in Funktionsämtern tätig. Ein gemeinsames Wohnen im Pfarrhaus ist nicht möglich. Wir werden nun aufgrund des getroffenen Beschlusses darüber nachzudenken haben, welche Konsequenzen das für das Leben im Pfarrhaus hat. Darf man Paaren, die in einem öffentlichen Gottesdienst gesegnet wurden, wirklich noch zumuten, getrennt leben zu müssen? Das ist nicht einleuchtend. Dürfen Pfarrerinnen und Pfarrer, die mit großer Liebe in einer Gemeinde Dienst tun wollen, weiterhin davon ausgeschlossen sein, weil sie in ihrer Partnerschaft zusammen wohnen möchten? Solchen Fragen müssen wir uns ehrlich und offen zuwenden. Natürlich müsste in entsprechenden Fällen der KV befragt werden. Ohne dessen Zustimmung geht nichts.

Fischer: Die Synode hat den Weg in Kurhessen-Waldeck frei gemacht für die öffentliche Segnung gleichgeschlechtlicher Paare, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, in einem Gottesdienst. Wie war der Weg zu dieser Entscheidung?
 
Prälatin Natt: Am Anfang stand der Antrag aus der Kreissynode in Gelnhausen, die darum gebeten hat, die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare öffentlich zu zulassen. Dann hat sich der Rat seit der vergangenen Herbstsynode sehr intensiv damit befasst. Wir haben sowohl den biblischen Hintergrund betrachtet, die gesellschaftlichen Fragen bedacht, wir haben Juristen und Biologen gehört. Diese intensive Beschäftigung hat dann zu dem Ergebnis geführt, das  wir der Synode vorgelegt haben.

Fischer: Und wie haben Sie die Debatte heute erlebt?

Prälatin Natt: Die Aussprache hat mich sehr berührt, weil sehr viele Synodale den Beschluss des Rates in seiner Ernsthaftigkeit gewürdigt haben. Alle haben wahrgenommen, dass man die Segnung von Menschen in eingetragenen Partnerschaften intensiv und verantwortlich bedacht hat, so dass die 2003 getroffene Entscheidung nun geändert werden kann. Propst Wöllenstein hat unsere Überlegungen überzeugend und engagiert vorgetragen. Es hat mich sehr gefreut, wie intensiv und wie fair dann darüber debattiert wurde, auch von denen, die anderer Meinung waren. Man hat sich gegenseitig zugehört und hat die jeweiligen Äußerungen geachtet. Am Ende hat sich eine die überwältigende Mehrheit der Synode dafür ausgesprochen, dem Beschluss des Rates zu zustimmen. Viele haben diesen Vormittag als «Sternstunde» bezeichnet.

Fischer: Frau Prälatin, vielen Dank für das Gespräch!

(25.11.2011)