Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 25 Apr 2017

Vizepräsident Dr. Volker Knöppel stellte sich den Fragen von Pfarrer Christian Fischer, Leiter des Medienhauses der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, am 20.04.2017 in Kassel.

Fischer: Herr Vizepräsident Dr. Knöppel, Sie stellen bei der Synode den Abschlussbericht  zu Strukturveränderungen in der Landeskirche vor. Um welche Strukturveränderungen geht es hier?

Vizepräsident Knöppel: Es geht um die Strukturveränderungen auf der mittleren Ebene und da speziell um unsere Kirchenkreise. Wir hatten in unserer Landeskirche vor vielen Jahren die Situation, dass wir große, mittelgroße und kleine Kirchenkreise hatten, das war ein recht unterschiedliches Bild. Dass das nochmal neu zu betrachten ist, ist vor vielen Jahren schon unserer Landeskirche und der Synode klar geworden. Es gab dazu einen richtungsweisenden Beschluss aus dem Jahr 2009, in dem einige Kennzahlen für diesen Veränderungsprozess benannt wurden. Im Rahmen einer Freiwilligkeitsphase hat es dann auch viele Veränderungen in diesem Vollzug gegeben.

Fischer: Warum drängt denn die Landeskirche und die Synode auf eine vergleichbare Größe bei den Kirchenkreisen und will mehr Homogenität?

Vizepräsident Knöppel: Ja, Homogenität ist einer der Gründe. Das kann man beispielsweise an der Leitung deutlich machen: An der Spitze eines Kirchenkreises steht ja ein Dekan oder eine Dekanin und es macht schon einen Unterschied, ob wir in der Bandbreite der Kirchenkreise Größenunterschiede haben, die vielleicht am Ende im Verhältnis 1:3 stehen. Da muss man schon mal schauen, ist das denn auch gerecht im Bezug auf die Arbeitsaufteilung. Im Übrigen hängt an einer Kirchenkreisstruktur immer auch eine Verwaltung auf der mittleren Ebene und da haben wir in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht: Wenn Kirchenkreise größer sind und dann Kirchenkreisämter zusammengeschlossen werden, dann ist auch die Dienstleistung und der Service, die in einem solchen Kirchenkreisamt dann erbracht werden kann, deutlich besser.

Fischer: Wie zufrieden sind Sie denn bisher mit der Umsetzung dieser umfangreichen Strukturveränderung vom Süden bis in den Norden?

Vizepräsident Knöppel: Wenn man auf die Landkarte schaut, dann muss man sagen: In dieser Freiwilligkeitsphase zwischen 2009 und 2015 haben zahlreiche Kirchenkreise davon eigenständig Gebrauch gemacht. Das schönste Beispiel ist eigentlich eine Synodaltagung aus dem Jahre 2013, wo zeitgleich vier Kirchengesetze den Synodalen vorgelegt werden konnten, womit dann am Ende vier neue fusionierte Kirchenkreise gebildet wurden. Das zeigt, es war das richtige Vorgehen.

Fischer: Und wo haben Sie Bereiche, in denen jetzt noch Handlungsbedarf besteht?

Vizepräsident Knöppel: Wir haben einige Kirchenkreise in unserer Landeskirche, da hat man sich auf den Weg gemacht, hat auch längst die Beschlüsse gefasst, aber es ist dann aufgrund der verstrichenen Zeit nicht mehr möglich gewesen, das konkret umzusetzen. Das liegt natürlich jetzt den Synodalen vor, wird im Abschlussbericht erwähnt, aber im Grunde genommen muss man sagen: Diese Regionen, die schon so weit freiwillig gekommen sind, sind auf dem richtigen Wege. Das wird man ihnen von Seiten der Synode nochmal bestätigen können und im Grunde genommen wird man sie auch dafür loben dürfen, dass sie diesen Weg gegangen sind.
Dann haben wir in unserer Landeskirche eine Region, in der zwei Kirchenkreise versucht haben miteinander zu fusionieren. In Gelnhausen und in Schlüchtern ist es dann am Ende aber nicht gelungen, dass beide Kreissynoden übereinstimmende Beschlüsse gefasst haben. Daher ist der Fusionsprozess erst mal ausgesetzt worden. Da wird die Landeskirche jetzt drauf schauen müssen. Ich denke, inzwischen hat man vor Ort darüber auch nochmal weiter nachgedacht.
Ja, und schließlich wird die Frage der Strukturveränderung in der Region des Landkreises Schwalm-Eder diskutiert. Dort hat es ja schon eine Veränderung gegeben von vier auf drei Kirchenkreise und man wird schauen müssen, ob das jetzt schon eine zukunftsfähige Struktur ist oder ob man das weiterentwickeln sollte. In letzterer Richtung denkt der Rat der Landeskirche und hat dazu einen konkreten Vorschlag der Landessynode unterbreitet.

Fischer: Können Sie diesen Vorschlag erläutern?

Vizepräsident Knöppel: Wir haben im Jahre 2011 schon mal einen Tendenzbeschluss gefasst, wie so eine Veränderung aussehen könnte. Daraufhin haben die Kirchenkreise Fritzlar und Homberg miteinander fusioniert. Da war die Vorstellung drei lebensfähige Einheiten in dieser Region künftig zu sehen. Das Model hat der Rat der Landeskirche jetzt zuletzt insofern weiterentwickelt, dass er empfiehlt, in dieser Region auf dem Gebiet des Landkreises einen großen Kirchenkreis entstehen zu lassen und innerhalb dieses Kirchenkreises drei Zuständigkeitsbereiche, also drei Dekanatsbezirke für die Dekaninnen  und Dekane, die vor Ort tätig sind, einzurichten.

Fischer: Und in welchen Kommunen sollten diese Dekanate angesiedelt sein?

Vizepräsident Knöppel: Das ist nicht die Sache der Landeskirche. Ich denke, das ist zunächst mal die Frage an die örtlich Verantwortlichen, genauso wie das auch mit den Kirchenkreisämtern ist. Das werde ich gelegentlich auch mal gefragt, wo sieht denn der Vizepräsident denn nun künftig die Standorte für die Kirchenkreisämter. Das fällt in die Zuständigkeit der Kirchenkreise und die sind in erster Linie dran diese Entscheidung zu treffen.

Fischer: Sind Sie denn optimistisch, dass die Landessynode diesen Weg mitgehen wird?
 
Vizepräsident Knöppel: Im Rat der Landeskirche haben wir uns in einer wirklich sehr großen Mehrheit auf diesen Beschluss verständigt, der jetzt den Synodalen vorgelegt worden ist und ich gehe mal davon aus, dass der Rat der Landeskirche in seiner Zusammensetzung ein Spiegelbild der Synode ist.

Fischer: Vielen Dank für diese Einschätzung. Noch ein ganz anderes Thema spielt auf der Synode ein Rolle: das Thema Fundraising. Was für eine Idee steckt hinter Fundraising?

Vizepräsident Knöppel: Ja, Fundraising ist ein neues Wort für eine alte Idee. Also, schon wenn Sie in unsere Grundordnung, die in diesem Jahr 50 Jahre wird, hineinschauen, dann finden Sie da eine Regelung, dass unsere Gemeindeglieder angehalten sind auch ihren finanziellen Beitrag zu den kirchlichen Aufgaben in der Kirchengemeinde aufzubringen. Fundraising ist ein modernes Wort und vielleicht auch ein besonderes Vorgehen. Dahinter steckt natürlich am Ende auch das Einwerben von Geld, das ist ganz klar, damit bestimmte kirchengemeindliche Aufgaben vor Ort erfüllt werden können. Was das Fundraising ausmacht, sind eigentlich zwei Dinge. Das ist einmal, dass wir sehr großen Wert darauf legen, dass eine Vielzahl von Gemeindegliedern in diese Aktionen, in diese Projekte mit eingebunden werden. Das ist ein ganz großer Gewinn auch für eine Kirchengemeinde, wenn Menschen sich zu bestimmten Projekten verständigen und sich damit auch solidarisieren und das unterstützen. Und das Zweite ist, bei Fundraising geht es nicht darum Kernaufgaben zu finanzieren. Es geht vielmehr um Dinge, für die es keine Kirchensteuermittel gibt, die man sich zusätzlich leisten will.

Fischer: Sie sind der Finanzchef der Landeskirche. Welches Potential an finanziellen Ressourcen sehen Sie beim Fundraising?

Vizepräsident Knöppel: Das muss man ganz realistisch angehen. Wir haben Erfahrungswerte, dass drei bis fünf Euro pro Gemeindeglied eine ganz realistische Erwartung ist. Rechnen Sie das mal hoch auf unsere Landeskirche und spiegeln Sie das mit dem landeskirchlichen Haushalt, dann sehen Sie das Potential. Wobei man sofort auch sagen muss, dass Fundraising dient ja nicht dazu den landeskirchlichen Haushalt zu unterstützen, sondern das Fundraising ist dazu da, um den Kirchengemeinden vor Ort bestimmte weitere Ressourcen zu verschaffen.

Fischer: Herr Vizepräsident, vielen Dank für das Gespräch!

(25.04.2017)