Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 24 Nov 2011

Vizepräsident Dr. Volker Knöppel stellte sich den Fragen von medio-Redaktionsleiter Pfarrer Christian Fischer am 23.11.2011 in Hofgeismar.

Fischer: Herr Vizepräsident, Sie haben vor der Synode den Finanzbericht präsentiert. Wie steht es um die Finanzen in unserer Landeskirche?

Vizepräsident Knöppel: Unsere Landeskirche ist solide aufgestellt, das kann ich alle Jahre wieder betonen. Wir sind sparsam und leben nicht über unsere Verhältnisse.

Fischer: Nun haben wir zurzeit in Deutschland eine ganz erfreuliche Wirtschaftssituation, wie wirkt sich das auf unsere Einnahmen aus?

Vizepräsident Knöppel: Ja, das ist tatsächlich so. Besonders erfreulich ist, dass sich der Arbeitsmarkt erholt hat und wieder mehr Menschen in Lohn und Brot kommen. Das wirkt sich auch in unserer Landeskirche aus, allerdings nicht in dem Umfang in dem es im Schnitt in der Bundesrepublik zu positiven Veränderungen geführt hat. Um eine Zahl zu nennen: die Steuereinnahmen sind, was Lohn- und Einkommenssteuer angeht, im Schnitt in der Bundesrepublik um fast zehn Prozent gestiegen. Wir gehen davon aus, dass gegen Ende des Jahres wir in Kurhessen-Waldeck eine Steigerung von drei bis vier Prozent gegenüber dem Vorjahr haben werden. Die wirtschaftliche Erholung findet also auch bei uns statt, aber deutlich nachlaufend, deutlich schwächer als in anderen Regionen, in denen die Wirtschaftshilfe stärker boomt.

Fischer: Können Sie mit diesen zusätzlichen Einnahmen auch neue Akzente setzen?

Vizepräsident Knöppel: Ja, wir haben Akzente gesetzt, einmal im Bereich der Diakoniezuweisung, der Kindertagesstätten, aber auch im Bereich der Finanzierung von gemeindlichen Baumaßnahmen.

Fischer: Stichwort Schuldenkrise. Wie wirkt sich die europäische Situation auf den Finanzmärkten auf die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck aus?

Vizepräsident Knöppel: Ich denke von dieser Finanzkrise ist eigentlich jeder betroffen, der mit Zahlungsströmen zu tun hat. Also auch unsere Landeskirche. Aber, und das muss man deutlich unterstreichen, Kirchen und kirchliche Banken spekulieren nicht mit hochriskanten Kapitalanlagen, sondern bewegen sich immer im Bereich der sicheren Kapitalanlagen. Wir haben das im Bereich der EKD kürzlich noch einmal deutlich gemacht mit einer Schrift, in der die nachhaltige Anlage unserer Kirchensteuermittel noch einmal dargestellt wird.

Fischer: Also müssen wir uns keine Sorgen machen. Aber wie steht es um die Inflation? Eine Angst die zurzeit auch die Menschen umtreibt ...

Vizepräsident Knöppel: Inflation scheint im Moment noch nicht am Horizont erkennbar zu sein, aber die momentane internationale Finanzkrise hat Auswirkungen. Ich mache das an zwei Beispielen deutlich: Wir haben die Stiftung Kirchenerhaltungsfonds, mit einem Stammkapital von fast 16 Millionen Euro, die bringt im Moment knapp die Hälfte der Zinserträgnisse, die sie vor zehn Jahren noch erbracht hat. Unsere kirchlichen Versorgungskassen, die ihr Geld an den Finanzmärkten anlegen, erwirtschaften einen deutlich geringeren Zins als noch vor Jahren auf Grund der schlechter gewordenen Rahmenbedingungen. 

Fischer: Stichwort Zukunft: Welche neuen Ideen haben Sie um zusätzliche Finanzquellen zu erschließen?

Vizepräsident Knöppel: Zurzeit verwirklichen wir eine Idee, die sich hinter dem Stichwort «freiwilliges Kirchgeld» verbirgt, eine mögliche dritte Säule der kirchlichen Finanzierung. Das Spenden- und Kollektenwesen wird in der Zukunft noch eine größere Rolle spielen, als es in der Vergangenheit gewesen ist. Dies wird den Kirchengemeinden größere Handlungsspielräume eröffnen können.

Fischer: Eine andere Möglichkeit, sich auf die Zukunft einzustellen, ist das Setzen von Schwerpunkten. Nun haben Sie eine Diskussion angekündigt über «Posterioritäten», also Nachrangigkeiten. Was verbirgt sich hinter dieser Diskussion?

Vizepräsident Knöppel: Diese «Posterioritätendiskussion» ist ein ausdrücklicher Wunsch unserer Frühjahrstagung der Landessynode gewesen. Es wird in dieser Synodaltagung einen Ausschuss gewählt, der sich aus 12 Mitgliedern zusammensetzen wird. Dieser wird sich zur Aufgabe stellen, Handlungsanweisungen für die Aufstellung des nächsten Doppelhaushaltes 2013/2014 zu entwickeln.

Fischer: Und was erhoffen Sie sich von dieser Diskussion? Andere Landeskirchen stellen die Frage «Was ist besonders wichtig?» - Sie fragen, wenn ich das richtig verstehe: «Was ist in der Zukunft nicht so wichtig?»

Vizepräsident Knöppel: Wichtig ist, glaube ich, alles, was wir bisher getan haben. Aber die Frage wird sein, gibt es Aufgabenbereiche, von denen wir uns angesichts der konkreten Einnahmesituation künftig trennen müssen? Nicht wollen.

Fischer: Sie erhoffen sich von der Diskussion offensichtlich eine klare Maßgabe für die Handlungsfelder in der Zukunft?

Vizepräsident Knöppel: Ich erhoffe mir zweierlei von der Diskussion. Einmal eine klare Maßgabe, die man auch umsetzen kann in einem konkreten Haushaltplan. Und ich habe die Erwartung, dass wir in einem gesamtkirchlichen Konsens diese schwierigen Entscheidungen treffen können.

Fischer: Dann wünsche ich Ihnen dabei alles Gute. Vielen Dank für das Gespräch Herr Dr. Knöppel.

(28.11.2011)