Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 26 Apr 2018

Bischof Prof. Dr. Martin Hein stellte sich den Fragen von Pfarrer Christian Fischer, Leiter des Medienhauses der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, am 23.04.2018 in Kassel.

Fischer: Herr Bischof, ein Thema auf der Frühjahrssynode 2018 ist die Neuordnung der Sprengel unserer Kirche. Können Sie sagen, was dort geplant ist?

Bischof Hein: Die Synode wird zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden können: Entweder wir belassen es einstweilen bis zum Ende des Jahres 2025 bei den bisherigen vier Sprengeln oder wir reduzieren - entsprechend dem Beschluss der Synode vom Jahr 2015 - bereits zum 1. Januar 2019 die Anzahl der Sprengel von vier auf drei. Der neue Sprengel Hanau-Hersfeld würde dann von Bad Hersfeld aus dienstlich versorgt. Es gibt durchaus gute Gründe, es einstweilen bei vier Sprengeln zu belassen, weil die vielen Neuaufstellungsprozesse viel Begleitung seitens der Pröpstinnen und Pröpste erfordern. Diesen Vorschlag hatte der Rat der Landeskirche ja bereits im Herbst 2017 der Synode unterbreitet.

Fischer: Gibt es weitere Gründe?

Bischof Hein: Auch wenn wir zahlenmäßig kleiner werden, reduziert sich damit ja nicht die Ausdehnung unserer Landeskirche. Als Bischof kann ich in einer mittelgroßen deutschen Kirche nicht überall in gleicher Weise präsent sein. Dafür gibt es die bischöfliche Vertretung durch Pröpstinnen und Pröpste. Und wenn wir uns vergegenwärtigen, dass die Entfernung von Kassel etwa nach Hanau über 200 Kilometer beträgt, so wird man vom Bischof nicht erwarten können, ständig in allen Regionen anwesend zu sein. Das war bisher immer die Aufgabe von Pröpstinnen und Pröpsten.

Fischer: Die Synode wird über die Frage der Sprengel diskutieren. Was erhoffen Sie sich von der Diskussion hinsichtlich des Stils?

Bischof Hein: Bei der letzten Synode gab es manche unbedachte Äußerung und auch manche Verkantung. Ich denke, mit den beiden Alternativen, entweder es bis Ende 2025 bei vier Sprengeln zu belassen oder die Reduzierung der Sprengel zum Jahresbeginn 2019 vorzunehmen, kann man leben. Dadurch steht nicht der Fortbestand unserer Landeskirche auf dem Spiel.

Fischer: Ein anderes Thema der Synode ist die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Auf dem Standesamt ist es jetzt für gleichgeschlechtliche Paare möglich zu heiraten. Wie sieht es mit der Kirche aus?

Bischof Hein: In der evangelischen Kirche gibt es dazu heftige Diskussionen. Wir haben uns als Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck schon sehr früh entschlossen, dass wir Menschen, die eine eingetragene Partnerschaft eingegangen sind, auch in einem öffentlichen Gottesdienst zu segnen. Nun ist durch den Beschluss des Bundestages und die Veränderung im bürgerlichen Recht eine Beziehung von gleichgeschlechtlich orientierten Menschen, die eine verbindliche Lebensform eingehen wollen, nach neuem Recht eine Ehe. Das bedeutet also, wir haben die eingetragene Lebenspartnerschaft nicht mehr. Unser kirchliches Traugesetzgesetz setzt für eine kirchliche Trauung stets eine standesamtliche Eheschließung voraus.

Fischer: Sie orientieren sich also am staatlichen Recht...

Bischof Hein: Ja, hinzu kommt, dass auch der Begriff der Trauung sich eigentlich gar nicht auf den Gottesdienst der evangelischen Kirche bezieht, denn wir trauen keine Brautleute, sondern wir segnen in dem besonderen Gottesdienst Menschen, die nach bürgerlichem Recht beim Standesamt eine Ehe eingegangen sind. Wenn man es ganz genau nimmt, segnen wir als evangelische Kirche Eheleute – und keine Brautpaare!

Fischer: Was folgt nun aus den Veränderungen im staatlichen Recht?

Bischof Hein: Da nach staatlichem Verständnis auch Menschen, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben, Eheleute sind, ergibt sich rein formal für die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck keine Schwierigkeit, einen Segnungsgottesdienst anlässlich einer vollzogenen standesamtlichen Trauung auch Menschen zukommen zu lassen, die gleichgeschlechtlich orientiert sind. Wir haben allerdings aufgrund unterschiedlicher theologischer Meinungen in dem Gesetzesentwurf einen Gewissensvorbehalt vorgesehen. Diejenigen Pfarrerinnen und Pfarrer, die einen solchen Segnungsgottesdienst verheirateter gleichgeschlechtlich orientierter Menschen mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, dürfen dazu kirchenrechtlich nicht gezwungen werden. Sie haben aber eine Erlaubnis zu erteilen, so dass eine andere Pfarrerin oder ein anderer Pfarrer die Segnung vornehmen kann.

Fischer: Und wie wird ein solcher Gottesdienst gestaltet?
 
Bischof Hein: Wie sich solch eine Segnung gestaltet, dafür haben wir als erste evangelische Landeskirche in Deutschland überhaupt schon 2013 eine Handreichung mit liturgischem Material herausgegeben. Es kann ohne weitere Schwierigkeiten für die Durchführung einer Segnung anlässlich einer vollzogenen standesamtlichen Trauung verwendet werden.

Fischer: Was wird nun der Synode zum Beschluss vorgelegt?

Bischof Hein: Ein minimaler Veränderungsentwurf zum bisherigen kirchlichen Traugesetz, der beinhaltet, dass ein Gewissensvorbehalt zu respektieren und für den Vollzug der Segnung die erwähnte Handreichung heranzuziehen ist. Mehr muss am jetzigen Wortlaut nicht geändert werden. Damit ist, sofern die Synode die Vorlage beschließt, ein öffentlicher Segnungsgottesdienst von gleichgeschlechtlich orientierten Menschen – nach vorheriger standesamtlich vollzogener Eheschließung – in Kurhessen möglich. Das wird dann auch ins Traubuch eingetragen.

Fischer: Was ändert sich denn für die Paare in der konkreten Praxis?

Bischof Hein: In der Praxis ändert sich nichts, denn wir haben ja bisher die Segnung von Menschen in gleichgeschlechtlicher Beziehung vorgenommen, wie wir vorher schon die Segnung von Menschen in verschiedengeschlechtlicher Hinsicht vollziehen. Man wird bei der Auswahl der Texte auf bestimmte Dinge natürlich Rücksicht nehmen müssen, aber dafür haben wir ja eigens eine Handreichung ausgearbeitet, so dass sich in der Praxis für Pfarrerinnen und Pfarrer, die dies mit ihrem Gewissen vereinbaren können, keine großen Hindernisse ergeben.

Fischer: Herr Bischof vielen Dank für das Gespräch!

(26.04.2018)