Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 07 Mai 2010

Kassel (medio). Der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, hat sich in einem Interview mit der Medienagentur medio dafür ausgesprochen, auf dem Kirchentag auch die gegenwärtig umstrittenen Themen aufzugreifen. So gelte es, in München die Frage des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in Zusammenhang von Kirchengemeinden oder kirchlichen Einrichtungen ebenso zum Thema zu machen wie die «Einschätzung des ökumenischen Elans, der vom Vatikan ausgeht oder nicht ausgeht», sagte der Bischof gegenüber medio. Gleichzeitig verwies der Bischof auf die enge Zusammenarbeit mit dem Bistum Fulda und die Aktivitäten in den Gemeinden. Mit einem gemeinsamen Stand von Landeskirche und Bistum präsentiere man sich nun schon zum zweiten Mal auf einem Ökumenischen Kirchentag.

Bischof Prof. Dr. Martin Hein über seine Erwartungen an den 2. Ökumenischen Kirchentag. Die Fragen stellte medio-Redaktionsleiter Pfarrer Christian Fischer.

Fischer: Herr Bischof, am 12. Mai beginnt der 2. Ökumenische Kirchentag. Was erwarten Sie von diesem Ereignis?

Bischof Prof. Dr. Hein: Jeder Ökumenische Kirchentag – das ist jetzt der zweite – wird mit ganz viel Spannung erwartet, weil sich hier die Möglichkeit ergibt, dass sich Christen der beiden großen Konfessionen in Deutschland, aber auch der anderen Konfessionen, die wir in Deutschland haben, miteinander austauschen. Der Ökumenische Kirchentag ist ein Fest des gemeinsamen Glaubens und findet in der wunderbaren Stadt München statt. Schließlich ist der Kirchentag eine gute Möglichkeit, dass sich die Christen der Konfessionen auch gegenüber der Öffentlichkeit darstellen können und dass wir untereinander erleben: Wir sind gar nicht so wenige, wie wir manchmal glauben. Es gibt andere Menschen neben mir, die an den einen Herrn der Kirche glauben, die in anderen Kirchen sich zu Hause fühlen. Ich empfinde das immer als eine große Bereicherung.

Fischer: Beide Kirchen stehen zurzeit vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen. Was kann das für den Kirchentag bedeuten?

Bischof Prof. Dr. Hein: Der Kirchentag war – nach evangelischem Verständnis – immer auch eine Veranstaltung, in der hoch umstrittene Themen zur Sprache gekommen sind. Wie das jetzt beim Ökumenischen Kirchentag, bei dem ja zwei große Kirchen beteiligt sind, der Fall sein wird, vermag ich nicht einzuschätzen. Das Programm mit über 700 Seiten ist geradezu erschlagend umfangreich. Trotzdem würde es meinem Anspruch an den Ökumenischen Kirchentag widersprechen, wenn nicht die gegenwärtig heißen Eisen – also auch die Frage des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen in Zusammenhang von Kirchengemeinden oder kirchlichen Einrichtungen – thematisiert würden. Auch die Einschätzung des ökumenischen Elans, der vom Vatikan ausgeht oder nicht ausgeht, sollte diskutiert werden. Das sind Themen, bei denen es ganz bestimmt unterschiedliche Auffassungen gibt. Man muss sich auch bewusst werden, dass wir gerade im Blick auf das gemeinsame Feiern des Abendmahls noch einen langen, langen Weg vor uns haben.

Insofern ist die Frage nach dem Ökumenischen Kirchentag stets auch eine Frage: Wohin soll es mit unserer Ökumene weitergehen? Und da erwarte ich mir Impulse, gerade für die Gemeinden, die oft der entscheidende Motor in der Geschichte der Ökumene und ihrer Bewegung gewesen sind.

Fischer: Eine letzte Frage: Warum brauchen wir einen solchen Ökumenischen Kirchentag und was kann er in diesem Jahr realistischerweise für Ergebnisse bringen?

Bischof Prof. Dr. Hein: Wir arbeiten mit dem Bistum Fulda auf dem Ökumenischen Kirchentag in München aufs Engste zusammen. Wir haben einen gemeinsamen Stand in der Halle der Bistümer und Landeskirchen, wir separieren uns nicht voneinander, sondern zeigen: Wir haben als zwei Kirchen – auf gemeinsamem hessischem Boden – einen gleichen Auftrag. Wir konkurrieren nicht miteinander, sondern wir tun vieles miteinander: sei es in der «Woche für das Leben», sei es in der «Gebetswoche für die Einheit der Christen», sei es in gemeinsamen Aktivitäten von Diakonie und Caritas. Ich könnte Ihnen eine ganze Menge aufzählen, so dass man klar sehen muss: die Ökumene erlebt gegenwärtig keine Eiszeit, sondern es ist vieles selbstverständlich geworden. Und dass Ökumene inzwischen selbstverständlich ist, das war früher keine Selbstverständlichkeit.

Fischer: Herr Bischof, vielen Dank für das Gespräch.

(21.04.2010)