Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 07 Mai 2012

Das Interview führte medio!-Redaktionsleiter Christian Fischer.

medio: Auf der Frühjahrssynode wurde beschlossen, den neuen Kirchenvorstand auch im Internet wählen zu können. Wie funktioniert die Onlinewahl?

Käßmann: Neben der Urnen - und Briefwahl stellt der „Klick“ von zu Hause (oder wo immer Sie einen Internetzugang haben) eine weitere Wahlmöglichkeit dar.
Und so funktioniert die Onlinewahl:
Mit der Wahlbenachrichtigungskarte bekommen Sie einen Wahlzugangscode zugesandt. Innerhalb einer bestimmten Frist (vom 01.09. bis zum 22.09.2013) kann online gewählt werden. Wahlportal aufrufen, Code eingeben und Stimme abgeben. Nach der Stimmabgabe erhält der Wähler die Zusicherung, dass die Stimme ordnungsgemäß eingegangen ist und gezählt wird. Die Stimmabgabe wird zur Wahrung des Wahlgeheimnisses anonymisiert und das Gesamtergebnis der Onlinewahl in einem verschlossenen Umschlag dem Wahlvorstand zugestellt. Der Wahlvorstand öffnet bei der Stimmauszählung das Kuvert und führt das Gesamtergebnis der Onlinewahl der Stimmauszählung zu.
An jeder einzelnen Gemeinde liegt es, wie gut sie die Wahl bewirbt, denn für alle Wahlwege gilt: Nur wenn ich weiß, wen ich wählen kann und für welche Inhalte der Kandidat/die Kandidatin  steht, mache ich mein Kreuz oder meinen Klick!
Rechtzeitig werden den Wählerinnen und Wählern Benutzerhinweise zugestellt, um eine einfache und sichere Wahl zu gewährleisten.

medio: Was erhoffen Sie sich von dieser neuen Möglichkeit?

Käßmann: Die Onlinewahl reduziert den Gesamtaufwand für die steigende Anzahl von Briefwählern und entlastet Kirchengemeinden und Kirchenkreisämter bei der Bereitstellung und Ausfertigung der Briefwahlunterlagen. Sie ersetzt nicht, sondern ergänzt bisherige Wahlverfahren, ist sicher attraktiv für Internetnutzer (aller Altersgruppen und Milieus), erschließt neue Wählerschichten und ist eine zeitgemäße Form der Stimmabgabe. Onlinewahlen gibt es schon in Estland und der Schweiz, Interesse daran haben einige Gliedkirchen der EKD, vor allem Flächenkirchen erhoffen sich Vorteile aus der Onlinewahl. Alles Geschriebene aber muss sich messen lassen an der Maxime, dass diese zusätzliche Wahlmöglichkeit nicht zusätzliche Arbeit für die Gemeinden bedeutet, dass sie zudem sicher und einfach handhabbar ist.

medio: Die Synode hat auch beschlossen, an der Altersgrenze für die Wählbarkeit in den Kirchenvorstand festzuhalten. Was sagen Sie als Beauftragter für die KV-Wahlen zur Beibehaltung der Altersgrenze für die Wählbarkeit von 70 Jahren?
 
Käßmann: Ich muss gestehen, dass mir nicht wohl ist mit der Entscheidung der Synode, Menschen per Gesetz von einer Beteiligung in der Gemeinde auszuschließen. Ich hätte die Altersgrenze „gekippt“, und es den Gemeinden, sprich den Wählerinnen und Wählern überlassen, wem sie das Vertrauen schenken.
Die Gemeinden sind nun in noch schwieriger Lage, eine „echte“ Wahl durchzuführen. Sie werden intensiv nach geeigneten, sprich in diesem Fall jüngeren Kandidatinnen und Kandidaten, Ausschau halten müssen.
Was aber nun mit der großen Zahl von älteren Menschen, die tatkräftig Gemeinde leben und bauen wollen? Mit Fingerspitzengefühl und Kreativität werden die Gemeinden Arbeitsfelder für Menschen mit 70+ finden, denn es ist doch allzu schade, die Lebens – und Glaubenserfahrung dieser Menschen nicht zu nutzen. Hier einen Austausch von gelungenen Beispielen unter den Gemeinden herbeizuführen, ist sicher hilfreich.
Und vielleicht  - so ein mögliches Szenario - gibt es ja bald eine Gesetzesinitiative, die die Altersgrenze bei den Berufungen aufhebt.

(04.05.2012)