Die Stolpersteine erinnern in der Braugasse an Doris Mathias und vier ihrer Verwandten und in der Wagnergasse an Hans Joachim Spier und seine Familie. (Foto: Uli Köster/Treysa)

Die Stolpersteine erinnern in der Braugasse an Doris Mathias und vier ihrer Verwandten und in der Wagnergasse an Hans Joachim Spier und seine Familie. (Foto: Uli Köster/Treysa)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 21 Mai 2019

Schwalmstadt-Treysa (medio). Vor über 80 Jahren begannen die Nationalsozialisten mit der systematischen Verfolgung der Juden in Deutschland, der mehr als sechs Millionen Menschen zum Opfer fielen. Orte wie Auschwitz, Buchenwald oder Theresienstadt erhielten durch die dort eingerichteten Konzentrationslager traurige Berühmtheit. Der Künstler Gunter Demnig startete 1992 die Aktion «Stolpersteine», mit der er direkt vor Ort an die Schicksale der Opfer erinnert. Auch in der Schwalm wurden Menschen jüdischen Glaubens Opfer des Rassenwahns, daher verlegte Demnig bislang allein 25 dieser besonderen Mahnmale in Treysa. Am 4. Mai 2019 kamen zehn neue dazu, die nun in der Braugasse an Doris Mathias und vier ihrer Verwandten erinnern sollen und in der Wagnergasse an Hans Joachim Spier und seine Familie, heißt es in einer Mitteilung des Evangelischen Forums Schwalm-Eder.

Auf den meisten Steinen sind Begriffe wie «entrechtet» - «gedemütigt» - «deportiert» - «ermordet» zu lesen, bei einigen wenigen gibt es einen Hinweis auf eine gelungene Flucht ins Ausland. 1939 nahmen vor allem Familien in England und in den Niederlanden Kinder aus Deutschland auf und bewahrten sie so vor den Gräueltaten durch die Nazis. Auch der damals elfjährige Hans Joachim und die zehnjährige Doris entgingen durch einen dieser sogenannten Kindertransporte der gnadenlosen Verfolgung – ein Großteil ihrer Familien kam jedoch im Holocaust um.

Zu der Gedenkveranstaltung waren drei Töchter und drei Enkel von Hans Joachim Spier, der von allen nur «Jack» genannt wurde, aus England angereist – weitere 120 Teilnehmer folgten ebenfalls der Einladung des Evangelischen Forums Schwalm-Eder in die Treysaer Stadtkirche. «Es sind die Lebenden, die den Toten die Augen schließen – es sind die Toten, die den Lebenden die Augen öffnen», zitierte Bürgermeister Stefan Pinhard ein slawisches Sprichwort. «Treysa war für Doris und Hans lange Zeit ein Ort der Heimat und wurde später zum Ort des Schreckens», erinnerte Dekan Christian Wachter an die «tiefe Wunde in unserer Geschichte» - die Stolpersteine sollten ein Samenkorn für ein «gutes Bewusstsein» sein, wünschte er sich. Schüler der Melanchthon-Schule und des Schwalmgymnasiums umrahmten die Stolperstein-Verlegung mit Lesungen und musikalischen Beiträgen.

Nach dem offiziellen Teil trafen sich die Angehörigen und einige Schüler zum gemeinsamen Kaffeetrinken im Hospital. Mithilfe von Fotoalben blickten sie in das Leben von Jack Spier zurück, anschließend trugen die Jugendlichen ihre vorbereiteten Fragen vor, die die Töchter und Enkel gern beantworteten. (21.05.2019)

Linktipp:

Weitere Informationen zu den Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig unter:

stolpersteine.eu