Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 15 Sep 2016

Kassel (medio). Wie kann die Arbeit von Pfarrerinnen und Pfarrern auf dem Land bei einer steigenden Verantwortung in Zukunft gestaltet werden? Dieser Frage stellten sich 80 Delegierte aus fast allen Landeskirchen bei der Tagung der Land-Kirchen-Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Kassel, berichtete Pfarrer Karl-Günter Balzer, Beauftragter des Referates Wirtschaft-Arbeit-Soziales für den «Dienst auf dem Lande».
 

Hohe Arbeitsbelastung besonders auf dem Land

«Das überkommene Pfarrerbild ist out, aber das Pfarramt ist und bleibt ein Schlüsselberuf für die Kirche!» eröffnete Oberkirchenrat Dr. Konrad Merzyn die Tagung der Land-Kirchen-Konferenz, die unter dem Motto «Gesegnet und gesendet» stand. Anja Granitza, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Evangelisation und Gemeindeentwicklung in Greifswald, beschrieb den Pfarrberuf als «High-Active-Job», der zwar eine hohe Arbeitsbelastung aufweise, jedoch auch viele persönliche Entfaltungsmöglichkeit böte. Dr. Gunter Schendel vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD in Hannover hielt dagegen, dass dies nicht immer so sei.

Schendel gab einen Überblick über die zahlreichen Studien zum Pfarrberuf, die zeigten, dass zwar der größte Teil der befragten Pfarrerinnen und Pfarrer in der Tat zufrieden sei mit dem eigenen Beruf, jedoch die hohe Arbeitsbelastung bemängelten, die durch Sparmaßnahmen und Mitarbeiterkürzungen entstehen. Besonders auf dem Land sei der Personalmangel spürbar. Als weiteren Faktor nannte Schendel, dass es auch vielen Pfarrerinnen und Pfarrern schwer falle, sich selbst zu begrenzen. «Sie meinen, in allen kirchlichen Dingen immer und überall zuständig sein zu müssen.»

Auch die Untersuchungen zur physischen und psychischen Gesundheit von Pfarrerinnen und Pfarrern in der «Greifswalder Studie», die von Prof. Dr. Michael Herbst, Anja Granitza und dem Diplom-Theologen Benjamin Stahl vorgestellt wurde, machten deutlich, dass die Unzufriedenheit auf dem Land ist höher ist. Herbst und Jürgen Schilling vom Kirchenamt der EKD betonten, dass dies Konsequenzen haben müsse, denn Kirchenleitungen hätten eine Fürsorgepflicht für ihr Personal. Tradierte Erwartungen und Pfarrerbilder von Kirchenleitungen und Gemeinden seien zu überprüfen. Begrenzungen und Freiräume müssten ermöglicht werden. Konkret forderte Schilling die Aufhebung der Residenzpflicht, d. h. des verpflichtenden Wohnens im Pfarrhaus.

Grenzen setzen – Freiräume ermöglichen

Dr. Stephan Hagenow von der Fachstelle Personalentwicklung der Reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn in der Schweiz zeigte in einem Workshop wie eine Überbelastung von Pfarrern vermeidbar ist. «Grenzen zu setzen und Freiräume zu ermöglichen, dass kann durch eine Stellenbeschreibung erreicht werden», so Hagenow. Mit Hilfe einer Software könne ein «Stellenbeschrieb» für eine Gemeinde zwischen Gemeindeleitung und Pfarrer ausgehandelt werden. Für Vorbereitung und Halten eines Gottesdienstes wird z. B. ein Stundenanteil für einen ganzen Tag eingerechnet. Weitere Aufgaben folgen. Nach 42,5 Stunden pro Woche sei Schluss, wobei ein freier Verfügungsspielraum für den Pfarrer einzurechnen ist.  
Weitere Arbeitsgruppen fragten nach dem Umgang mit den eigenen Kräften und nach Faktoren, die zum Gelingen und zur anhaltenden Motivation im Pfarrberuf beitragen. (15.09.2016)