Berichtete den Studierenden von der Kooperation von Kirche und Staat im Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus: Thorsten Marco Kirschner, ehemaliger kurhessischer Vikar und heutiger Referent im Bundeskanzleramt. (Foto: medio.tv/Meier)

Berichtete den Studierenden von der Kooperation von Kirche und Staat im Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus: Thorsten Marco Kirschner, ehemaliger kurhessischer Vikar und heutiger Referent im Bundeskanzleramt. (Foto: medio.tv/Meier)

Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 24 Sep 2020

Hofgeismar (medio). Wie gehe ich damit um, wenn Rechtsradikale das Gemeindefest unterwandern, indem sie auf Flugblättern zu «Völkischen Deutschen Festen» einladen und den Imbissstand des indischen Restaurants verhindern wollen? – Dieser heiklen Frage widmeten sich knapp 30 Theologiestudierende gleich zu Beginn ihrer alljährlichen Herbsttagung, die diesmal vom 14. bis 15. September coronakonform im großen Synodalsaal der Evangelischen Akademie Hofgeismar abgehalten wurde. In einem Planspiel stellten sie eine fiktive Krisensitzung des Kirchenvorstandes nach, diskutierten kontrovers in unterschiedlichen Rollen und mussten am Ende eine Entscheidung treffen, berichtete Pfarrer Johannes Meier von der Theologischen Nachwuchsgewinnung der Landeskirche, der die Tagung begleitete. «Ich hätte mir da von unserem ‚Kirchenvorstand‘ noch klarere Worte gewünscht», kommentierte eine Planspielteilnehmerin im Anschluss das Ergebnis. Doch in der nachgespielten Sitzung habe es eben auch Stimmen gegeben, die alles nicht so schlimm fanden und das rechte Problem lieber unter den Teppich gekehrt hätten. Am Ende habe dann ein Kompromiss gestanden, mit dem irgendwie alle leben konnten.

«Was sie in ihrem Planspiel erlebt haben, ist echte Demokratie», ordnete Professor Dr. Lukas Ohly als Referent die ambivalenten Erfahrungen ein. Die demokratische Diskussion sei eben oft mühsam und eher darauf bedacht, Gräben zu überwinden als Spaltungen zu vertiefen. In seinem Vortrag definierte Ohly als demokratische und zugleich christliche Grundhaltung des guten Miteinanders dann auch das Prinzip «wechselseitiger Anerkennung». Kennzeichnend für radikale Ideologien sei es, genau diese Anerkennung aufzukündigen und nur noch die Standpunkte der eigenen Gruppe gelten zu lassen. «Da fängt Faschismus an», so Ohly.

Am zweiten Tagungstag, der zufällig auf den «Internationalen Tag der Demokratie» fiel, berichtete Thorsten Marco Kirschner, ehemaliger kurhessischer Vikar und heute Referent im Bundeskanzleramt, von der Kooperation von Kirche und Staat im Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Die Kirchen seien für die Politik wichtige Partner in der Zivilgesellschaft, etwa in Fragen von Integration und sozialem Ausgleich.

Tipps für herausfordernde Situationen im Umgang mit rechtspopulistischen Positionen brachten am letzten Tagungstag schließlich Torsten Niebling und Chioma Oguebinike von der «Roten Linie» in Marburg ein. Die Referenten dieser pädagogischen Fachstelle gegen Rechtsextremismus klärten auf über rechte Sprechweisen und Denksysteme. Ganz konkret wurde es bei Gesprächsübungen, in denen die Tagungsteilnehmenden spontan auf typische Aussagen von Rechtspopulisten oder Verschwörungsideologen im Dialog reagieren mussten. «Es ist ja leider nicht ausgeschlossen, dass man solche Sätze dann als Pfarrer auch mal bei einem Geburtstagsbesuch in der Gemeinde hört», merkte ein Theologiestudent an. Da sei es bestimmt sinnvoll, so eine Situation schon einmal vorher durchgespielt zu haben.

In der Mitte der Tagung stellten sich die Pfarrerinnen Dr. Anna Karena Müller und Martina Löffert als neue Studienleiterinnen für die Kirchliche Theologiestudierendenbegleitung vor. «Wir freuen uns auf die Arbeit mit Ihnen und sind gespannt auf Ihre Ideen und Vorschläge, aus denen wir gerne ein attraktives Begleitprogramm erstellen», sagten sie gegenüber den Teilnehmenden der Tagung.

Am Ende der Studierendentagung zog das Vorbereitungsteam ein positives Fazit: Die Studentinnen Julia Nötzel und Christina Schultheis hatten - unterstützt von Pfarrerin Prof. Dr. Regina Sommer, der Leiterin des theologischen Ausbildungsreferats, und Pfarrer Johannes Meier von der Theologischen Nachwuchsgewinnung - die beiden diskussions- wie inhaltsreichen Tage organisiert. Jahr für Jahr sind alle Theologiestudierenden der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck zu einer Frühjahrs- und einer Herbsttagung eingeladen, an deren Anschluss zumeist die Vollversammlung des Studierendenkonvents tagt. Insgesamt zählt die Landeskirche derzeit 101 Studierende auf ihrer Liste. (24.09.2020)

Linktipp:

Informationen zum Theologiestudium und den Ausbildungsmöglichkeiten in der Kirche finden Sie unter:

macht-sinn.info