Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 04 Apr 2016

Kassel (medio). «Glauben wir an die Auferstehung?», «Was bringt mir Gewissheit?» und «Welche Rolle spielt der Zweifel in meinem Glauben?» waren nur einige der Fragen, die im Mittelpunkt des Frühjahrschats mit dem Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Prof. Dr. Martin Hein, am Montagabend (11.4.) standen. Hein stellte sich kurz nach den Osterferien auf der landeskirchlichen Website ekkw.de den Fragen seiner Onlinegemeinde und diskutierte mit rund 40 Chatterinnen und Chattern zum Thema «Ostern und der Glaube an die Auferstehung. Zwischen Zweifel und Gewissheit.»

Zum Auftakt der einstündigen Onlinediskussion tauschten sich die Chatter über ihre Vostellungen von der Auferstehung aus. «Jan» erzählte z. B., er glaube zwar, dass er vom Tod auferstehen wird, es sei aber schwierig sich vorzustellen, wie. Für «Waldi» wiederum ist es nicht einfach, an eine körperliche Auferstehung zu glauben und «Heidi22» stellt sich vor, dass Jesus und die Menschen, die gestorben sind, weiterleben - aber nicht körperlich, sondern in unseren Gedanken und Gefühlen.

 

Bischof Hein im Chat: «Ich glaube tatsächlich, dass Jesus auferstanden ist!»

Bischof Hein erklärte sein Verständnis von Auferstehung: «Unser irdischer Leib vergeht - ja, in Gottes Welt. Und ganz wichtig ist für mich: Gottes Welt ist nicht an Raum und Zeit gebunden.» Konkret heiße das, dass Jesus den verängstigten Jüngern erscheinen konnte, weil er eben nicht mehr körperlich an Raum und Zeit gebunden war, so der Bischof. «Das ist ja auch der Grund dafür, dass wir bitten können, dass Jesus auch zu uns kommt - heute!», schrieb Hein weiter. Doch der Bischof beschrieb auch, wie schwer es für ihn ist, darauf zu vertrauen: «Wie es sein wird, weiß ich ja auch nicht. Aber ich hoffe darauf, dass es wunderschön sein wird. Es ist, so stelle ich es mir vor, wie vollendete Liebe.»

 

Wie kann aus Zweifel Gewissheit werden?

Im weiteren Gespräch wurde darüber diskutiert, ob und wie aus Zweifel Gewissheit entstehen kann. «Moni» schrieb: «Glaube und Zweifel: wie passt das zusammen? Kann ich zweifeln und glauben?» «Heidi22» betonte, sie könne daran glauben, dass Jesus auferstanden ist, zweifele aber manchmal an Gott und seinen Werke. Und «Lisa» fragte: «Warum zweifeln wir, obwohl wir glauben?». Bischof Hein entgegnete ganz offen: «Lasst die Zweifel zu!» Das sei wichtig und deshalb werde in der Bibel auch von Thomas erzählt. «Es spricht oft mehr gegen unseren Glauben als für ihn», so der Bischof.

Auf die Frage von «Waldi», wie der Bischof seine eigenen Zweifel überwinde, schrieb Hein: «In dem ich mich ernsthaft mit den Osterberichten beschäftige. Die sind unheimlich spannend und gegen alle Erfahrung. Und dann frage ich mich: Warum ist das so? Was könnte dafür sprechen, dass es stimmt, was ich da lese? Und dann bete ich zu Gott, dass er mir Einsicht schenkt. Und dann schaue ich, wie das andere Menschen machen, die z.B. mutig leben, obwohl sie der Tod bedrängt.»

Wenn Gewalt und Terror den Glauben ins Wanken bringen

Nachdenklich wurde es bei der Frage nach Situationen, in denen uns Gewalt so stark dominiert, dass der Glaube an die Liebe ins Wanken gerät. «Moni» bekannte, dass es ihr manchmal schwerfalle, zu glauben - vor allem bei den religionsmotivierten Kriegen in der Welt. Bischof Hein appellierte deutlich: «Kriege dürfen heute nie mehr mit Gott begründet werden. Das ist Missbrauch des Namen Gottes! Ein Verstoß gegen die 10 Gebote.» «Quinn» warf in die Debatte ein: «Wenn Terror und Tod nach Deutschland kommen, halten wir dann die andere Wange hin?»

Für den Bischof ist das ausgeschlossen: «Nein, natürlich nicht. Dem Bösen sollen wir widerstehen», sagte Hein. Die Kraft dafür könnten wir bei Gott finden: «Gott ist stärker als der Tod! Und deshalb müssen wir vielleicht noch viel stärker dafür eintreten, dass Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung uns bestimmen», so Bischof Hein.

Auf die Frage von «Till» ob Schutzsuchende in Deutschland auch eine Art der Auferstehung erfahren könnten, entgegnete Hein: «Schutzsuchende bei uns erfahren, dass der Tod nicht das letzte Wort hat. Die Bibel erzählt uns, dass Gott uns auferwecken wird. Das heißt für mich: niemand, niemand ist bei Gott vergessen! Auch nicht die vielen Opfer schrecklicher Tötungen und Kriege.»

Was tun, wenn Angst und Zweifel zu stark werden?

Zur Frage des Chatters «Fritz_Lars» was man tun kann, wenn einen Angst und Zweifel übermannen, ermutigte der Bischof: «Sprich deine Zweifel Gott gegenüber aus.» Er empfahl ihm dazu die Gottesdienste: «Sie sind dazu da, unseren Glauben zu stärken. Es ist einfach toll, in der Gemeinschaft mit anderen sich im Glauben zu vergewissern. «Ostern» schrieb dazu weiter: «In Gottesdiensten kann man zusammen Beten - ein tolles Gemeinschaftsgefühl, das stärkt» und «Heidi22» ergänzte: «Im Gottesdienst sind Menschen, die alle glauben, lieben, hoffen. Es ist tröstlich, dass man nicht alleine ist.»

Chatter wünschen sich vor allem Neuanfang in der Kirche

Beim Austausch über neue Anfänge im Leben, äußerten die Teilnehmer immer wieder den Wunsch nach einem Neuanfang in der Kirche. «Quinn» forderte für die Kirche einen Neustart, in dem sie sich stärker der Politik entgegenstellen soll: «Sie ist das einzige mögliche Gegengewicht in unserer Gesellschaft», so der Chatter und «Landau» mahnte an, dass die Kirche dabei ihren eigentlichen Auftrag nicht vergessen sollte, zum Glauben einzuladen». «Lisa» ergänzte, dass es eine Kirche zum Beten sein solle, die auch mehr auf die Bedürfnisse der jungen Gläubigen eingeht.

Bischof Hein zeigte sich sehr interessiert an den Ideen der Chatter und fragte, wie sie sich die Kirche der Zukunft wünschen. Daraufhin schrieb «Jan», die Kirche solle in der Mitte der Gesellschaft und nicht verschüchtert am Rande stehen. «Lisa» wünschte sich eine lebendige Kirche, in der die Sprache der Jungen gesprochen werde und «Quinn» sieht eine Kirche der Mitte, stark und entschlossen. Hein sagte: «Ich wünsche mir eine Kirche, in der vor allem junge Menschen Antworten finden oder ihre Zweifel offen aussprechen! Und ich wünsche mir eine Kirche aus der Kraft der Auferstehung.»

Bischofschat in konzentrierte Atmosphäre und klar am Thema orientiert

Nach dem Chat zeigte sich Pfarrer Christian Fischer, Leiter des Medienhauses der Landeskirche, sehr zufrieden mit der großen Resonanz:  «Wir freuen uns sehr, dass auch bei herausfordernden theologischen Themen, wie diesmal der Auferstehung, die Internetnutzer so lebendig und kontrovers mit dem Bischof diskutieren». Fischer sieht einen Grund für den Erfolg des Angebotes in der niedrigschwelligen Kontaktmöglichkeit zu einem leitenden Geistlichen. «Jeder kann hier mitmachen und direkt mit dem Bischof diskutieren - egal ob mit seinem Klarnamen oder unter Pseudonym und ohne nennenswerte Filter der Redaktion», erläuterte Fischer weiter. Die Diskussion heute sei «fair und klar am Thema orientiert» geführt worden. «Ich bin immer wieder beeindruckt von der konzentrierten Atmosphäre, die für einen Online-Chat ja nicht selbstverständlich ist», so der Medienhausleiter.

Der nächste Chat mit Bischof Hein wird im Rahmen der Buß- und Bettagskampagne der Landeskirche im Herbst 2016 veranstaltet. Ein Rückblick auf die vergangenen Chats mit Bischof Hein ist in der Rubrik «Bischof» auf ekkw.de zu finden. (11.04.2016)