Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 30 Jan 2006

Marburg (epd). Der Unternehmer Ludwig Georg Braun hat von den Bürgern die Einsicht verlangt, «dass wir bessere Leistung erbringen müssen». «Wir können die Beschäftigung nur halten, wenn wir es schaffen, die Arbeitsleistung in ausreichenden Wettbewerb zu stellen», sagte Braun beim Ökumene-Gespräch am Samstag in Marburg.

Wegen der Überlegenheit der amerikanischen Wirtschaft müsse sich die restliche Weltwirtschaft an den dort angewandten Prinzipien ausrichten. «Dem amerikanischen Einfluss müssen wir uns stellen», forderte Braun, der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und seit 1986 Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck ist. «Wir müssen uns auf allen Ebenen leistungsstärker machen.» Dazu gehöre auch die Bildungspolitik. Bildungspolitik müsse nach dem Motto «Keiner darf verloren gehen» betrieben werden.

«Der reale Leistungsdruck hat spürbar zugenommen», erklärte der katholische Sozialethiker Friedhelm Hengsbach. Das Arbeitstempo habe sich beschleunigt, die Flexibilisierung habe zu einer Verlängerung der Arbeitszeit geführt. Die von den Jugendlichen geforderte Mobilität sei erfüllt worden, aber auch mit einem Verlust an Bindung und Heimat verbunden. «Ein Großteil der deutschen Bevölkerung hat einen enormen Zeitnotstand», berichtete Hengsbach.

Die weiterhin unterschiedlichen Lebenschancen von Männern und Frauen hätten einen «gesellschaftlichen Riss» zur Folge, sagte der Professor für Christliche Gesellschaftsethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Die Wirtschaft wolle, dass Frauen erwerbstätig sind. Gleichzeitig werde die Forderung an sie erhoben, mehr Kinder zu bekommen. Die Entscheidung gegen Kinder sei nicht von fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder abhängig. Vielmehr müssten die drei Arbeitsformen Erwerbsarbeit, Betreuungsarbeit und ziviles Engagement «fair» auf Männer und Frauen verteilt werden. «Männer müssten die Arbeitszeit dramatisch verkürzen», forderte Hengsbach.

«Die deutsche Wirtschaft gehört eher zum Motor der Globalisierung als zu deren Opfer», erklärte Hengsbach. Fraglich sei, ob die amerikanische Hegemonie eine «Dauerentwicklung» und «unausweichlich» sei. Es gebe auch Finanzexperten, die dem europäischen Finanzstil die «Chance des Gewinnens» einräumten.

Das Thema des zehnten Marburger Ökumene-Gespräches lautete «Leistung nach Maß - Menschlichkeit in der globalen Wirtschaftsgesellschaft». Das Ökumene-Gespräch wird seit 1987 alle zwei Jahre vom Magistrat der Stadt in Zusammenarbeit mit der Philipps-Universität sowie der evangelischen und katholischen Kirche organisiert. (30.01.2006)