Redaktion ekkw.de
Veröffentlicht 28 Feb 2006

Von Christian Prüfer (epd)

Schmalkalden (epd). Einem eher unauffälligen, kleinen Landstädtchen mit verwinkelten Gassen und einem hübschen Schloss war es am 27. Februar vor 475 Jahren vergönnt, eine bahnbrechende Rolle im deutschen Protestantismus zu übernehmen. Obwohl mitten in Thüringen gelegen, gehörte Schmaldkalden daher bis 1945 zu Hessen.

Seinerzeit war Schmalkalden ein Grenzort der beiden jungen Vormächte der evangelischen Bewegung, Hessen und Kursachsen. 1530 war es im Zuge des gescheiterten Reichstags zu Augsburg, bei dem die Vorschläge der Protestanten zur Kirchenreform von Kaiser Karl V. brüsk zurückgewiesen worden waren, zu Verhandlungen zwischen sechs Fürsten und zehn Städten gekommen.
 
Luthers Bekenntnis «allein der Glaube» mochte zwar für die neu verstandene Rechtfertigungslehre gelten, eine Bestandsgarantie des neuen Glaubens ließ sich daraus aber nicht ableiten. Hier waren, so die Einsicht der Fürsten, politische Schritte unabdingbar.

Der von ihnen am 27. Februar 1531 gegründete «Schmalkaldische Bund» verstand sich als defensives Bündnis gegen den Kaiser, als eine politische Widerstandsbewegung, die dem deutschen Protestantismus immerhin gut anderthalb Jahrzehnte Schutz gewährte. Dem Reformator Martin Luther war übrigens nur mühsam seine Zustimmung zu diesem Bündnis abzuringen.

Doch wie immer bei politischen Zweckbündnissen wurden sich die Partner im Laufe der Zeit uneins, der Bund bröckelte. Dies nutzte Kaiser Karl V. und besiegte im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 die verbliebenen Bündnispartner militärisch.

Den Lauf der Reformation konnte dieser Erfolg freilich nicht aufhalten. Querelen mit Papst Paul III. hinderten den Kaiser daran, seine Interessen durchzusetzen. Durch die schlechte Behandlung der fürstlichen Gefangenen des Krieges brachte der Kaiser zudem auch andere, beim alten Glauben verbliebene Fürsten gegen sich auf.

Das Hin- und Her führte schließlich zum Augsburger Religionsfrieden von 1555, der den Ständen - nicht aber den Untertanen - die freie Religionswahl zuerkannte. Letztlich leitete diese politische Vereinbarung die endgültige konfessionelle Spaltung in Deutschland ein, die bis heute andauert.

Die Zugehörigkeit zu Hessen bis zum Jahr 1945 scheinen zumindest die evangelischen Einwohner Schmalkaldens in guter Erinnerung behalten zu haben. Nach der Wende 1989 plädierten sie nämlich dafür, sich wieder der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck anzuschließen. Dies bescherte der derzeit rund 960.000 Mitglieder zählenden Kirche eine Exklave im heutigen Bundesland Thüringen, gut zwei Autostunden von Kassel entfernt. (28.02.2006)